Leipziger Grünen-Stadtrat Kasek zu Geldstrafe verurteilt

Verbummelte Akten und provokante Tweets: Der Leipziger Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek musste sich am Mittwoch wegen einer Reihe von Straftaten vor dem Landgericht verantworten.

Es ging um verbummelte Gerichtsakten, Schuldzuweisungen gegen eine frühere Mitarbeiterin und die Aufforderung zu Straftaten: Der Leipziger Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek (43) ist am Mittwoch am Landgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen á 35 Euro verurteilt worden. Der größte Streitpunkt im Prozess war das Agieren des stadtbekannten Grünen-Politikers in sozialen Netzwerken.

Erst Mitte Februar dieses Jahres war Kasek vom Amtsgericht in erster Instanz zu einer Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen á 35 Euro verurteilt worden, wogegen er Berufung einlegte. Immerhin hätte der frühere Rechtsanwalt, dessen Zulassung im Zuge eines Streits mit der Rechtsanwaltskammer erloschen ist, als vorbestraft gegolten, die Grenze liegt bei 90 Tagessätzen. Seine neuerliche Anwaltszulassung wäre damit in weite Ferne gerückt.

Standesrechtliches Verfahren der Anwaltskammer

Ein Tatkomplex liegt bereits mehr als acht Jahre zurück, hier wird Kasek Verwahrungsbruch und üble Nachrede vorgeworfen. Demnach wurden dem damaligen Anwalt, der Mandanten bei einem Rechtsstreit um die Berechnung von Arbeitslosengeld vertrat, vom Sozialgericht am 28. Juli 2015 Verwaltungsakten des Jobcenters für vier Wochen zugesandt. Kanzleien nutzen diese Akteneinsicht, um die Unterlagen zu kopieren oder einzuscannen. Doch Kasek soll diese Akten auch weit nach Ablauf der Frist nicht zurückgeschickt haben.

Nach mehreren Mahnungen wurde die Rechtsanwaltskammer eingeschaltet, die ein standesrechtliches Verfahren gegen Kasek einleitete. Bei einer Anhörung soll Kasek einer früheren Mitarbeiterin die Schuld gegeben haben. Diese habe die Rücksendung der Akten versäumt, weshalb man sich auch von ihr getrennt habe. Die Auszubildende sah sich jedoch gar nicht dafür zuständig und hatte nach eigenen Angaben von sich aus das Arbeitsverhältnis beendet. Sie erstattete gegen ihren Chef Strafanzeige. „Ich lasse mich nicht zu Unrecht beschuldigen“, erklärte sie. Die Akten wurden erst am 27. Oktober 2017 an das Sozialgericht zurückgeschickt – als Kasek bereits Beschuldigter im Ermittlungsverfahren war.

Einige Jahre später soll der zweifache Vater erneut Akten verschusselt haben. Im August 2020 legte er als Rechtsanwalt für ein Bau- und Umweltzentrum Klage gegen den Landkreis Nordsachsen ein. Das Verwaltungsgericht gewährte Akteneinsicht, schickte Anfang Februar 2021 die Unterlagen für eine Woche zu. Doch erst am 11. Oktober soll Kasek diese zurückgesandt haben – mit acht Monaten Verspätung.

Kasek: Ich diene vielen Menschen als Reizfigur

Kasek räumte diese Versäumnisse am Mittwoch teilweise ein. „Ich bedaure das, es ist extrem ärgerlich“, sagte er im Berufungsprozess. Er habe sein Büro nicht in der notwendigen Art und Weise im Griff gehabt. „Ich bin davon ausgegangen, dass es erledigt ist.“ Eine der Akten sei hinter einem Regal wieder aufgetaucht. „Da war ich sehr überrascht“, so der Ex-Anwalt. Die Probleme führte er auf Missverständnisse sowie Stress durch berufliche und politische Tätigkeit zurück. Es sei aber in beiden Verfahren kein Schaden daraus entstanden.

Einen Tatvorwurf wies Kasek am Landgericht entschieden zurück: Im Zusammenhang mit einem für den 6. März 2021 geplanten Autokorso der Querdenker-Szene twitterte er unter anderem: „Autos stilllegen, Querlenker versenken!“ Das Amtsgericht wertete dies als öffentlichen Aufruf zu Straftaten. Der Grüne habe damit zum gewaltsamen Gegenprotest aufgerufen. Kasek räumte ein, den Tweet geschrieben zu haben. Er lehne jedoch jede Form von Gewalt ab, neige dazu, auf dem Kurznachrichtendienst „auch mal sehr scharf und zugespitzt, mehrdeutig und provokativ zu formulieren“. Zudem diene er vielen Menschen als Reizfigur, „die sich an dem, was ich mache, stören“. Seine Tweets sieht er von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Die Staatsanwaltschaft forderte hingegen, dessen Berufung zu verwerfen. Mit seinen Twitter-Botschaften habe der Stadtrat die Motivation geschürt, einen genehmigten Aufzug mit Gewalt zu verhindern – was strafbar wäre. Doch die Kammer unter Vorsitz von Richter Jens Kaden sah den objektiven Tatbestand nicht erfüllt und sprach Kasek in diesem Punkt frei. Eine Geldstrafe hat er lediglich wegen zweifachen Verwahrungsbruchs und Verleumdung zu zahlen.